die Geschichte des Manga

Bei dem Begriff "Manga", was übersetzt so viel wie "zwanglose Bilder" bedeutet, denkt man heutzutage zuerst an die japanischen Comic-Bücher, die von hinten nach vorne gelesen werden und im deutschsprachigen Raum seit Ende der 90er-Jahre einen neuen Comic-Boom ausgelöst haben. Die Entwicklungsgeschichte des Manga reicht jedoch viele Jahrhunderte zurück. 


Nach dem Vorbild chinesischer Zeichnungen begannen in Japan buddhistische Mönche mit dem Zeichnen von Bildern auf langen Papierrollen, wobei nicht nur religiöse Geschichten, sondern auch Parodien entstanden. Das bekannteste Beispiel ist die erste von vier "Vogel- und Tierkarikaturen", die von Sojo Toba (1053-1140) gezeichnet wurde und Hasen, Frösche, Affen und viele andere Tiere zeigt, die sich wie Mönche benehmen und buddhistische Rituale abhalten. 

Ungefähr ab dem 13. Jahrhundert wurden Bilder von Tieren, Göttern und Dämonen auf Tempelwände gemalt. Diese Motive übertrug man ab dem 16. Jahrhundert auch auf Holzschnitte: Dabei wurden die Bilder in Holzblöcke geschnitzt, die man dann mit Farbe versehen und wie große Stempel abdrucken konnte. Solche Holzschnittdrucke konnten in großer Zahl hergestellt werden und verbreiteten sich rasch.

Im späten 17. Jahrhundert entwickelten die japanischen Holzschnittmeister eine neue Stilrichtung namens Ukiyo-e, was etwa "Bilder der fließenden Welt" bedeutet. Dabei kamen zu den bisher verwendeten Motiven auch Bilder aus dem alltäglichen Leben bis hin zu frivolen und erotischen Szenen hinzu. Einer der großen Ukiyo-e-Meister war Hokusai (1760-1849), der zum ersten Mal den Begriff "Manga" populär machte. Seine "Hokusai-Manga", die von 1814 bis 1815 in 15 Bänden erschienen, entsprachen aber noch nicht den modernen Manga - sie erzählten keine fortlaufenden Geschichten, sondern enthielten Skizzen der damaligen japanischen Kultur und Gesellschaft sowie Landschafts- und Naturbilder. Am ehesten könnte man die "Hokusai-Manga" also als Vorläufer der heutigen Manga-Artbooks betrachten.

Im frühen 18. Jahrhundert entwickelten sich die so genannten Toba-e. Dabei handelte es sich um zusammengeheftete Folgen von Holzschnittdrucken, die fortlaufende Geschichten bildeten und bei denen der Text in den Bildern mit enthalten war. Da Toba-e hauptsächlich satirisch oder lustig waren, wurden sie im 19. Jahrhundert in Japan zur beliebtesten Lektüre.

Japan hatte sich von Anfang des 17. bis Mitte des 19. Jahrhunderts auf Anordnung der Militärherrscher (Shogune) fast völlig vom Rest der Welt isoliert. Nach dem Ende dieser absichtlichen Abschließung gelangten rasch westliche Techniken und Kunstformen ins Land. Dazu gehörten neben neuen, verbesserten Drucktechniken vor allem auch politische und sozialkritische Karikaturen.

Britische und französische Verleger gründeten in Japan satirische Zeitschriften wie z. B. "Tokyo Punch" (ab 1862), von denen sich japanische Zeichner Anregungen für eigene Produktionen holten. Andere Quellen waren die ab Ende des 19. Jahrhunderts entstehenden US-amerikanischen Comic Strips.

Der erste Vorläufer von Manga in heutigem Sinne ist die 1902 entstandene Geschichte "Tagosaku und Mokube besichtigen Tokio" von Rakuten Kitazawa (1876-1955), der auch die erste japanische Schule für Karikaturen und Manga gründete. Neben übersetzten US-Comics wurden in japanischen Zeitungen seit dieser Zeit immer mehr japanische Eigenproduktionen abgedruckt.

Vor dem Zweiten Weltkrieg mussten zahlreiche Verlage u. a. wegen Papierknappheit ihre Arbeit einstellen. Die japanische Regierung löste viele Manga-Zeichnergruppen auf und schloss ihre Mitglieder in einer neuen staatlichen Vereinigung zusammen. Manga wurden während des Krieges hauptsächlich zu Propagandazwecken eingesetzt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden in Japan viele neue Verlage, die großen Bedarf an Manga-Zeichnern hatten. Für einen dieser Verlage arbeitete ein junger Medizinstudent namens Osamu Tezuka (1928-1989), der besonders von französischen und deutschen Stummfilmen sowie von den frühen Disney-Zeichentrickfilmen begeistert war. Für sein erstes Werk "Die neue Schatzinsel" (1946) experimentierte er mit einem neuen Zeichenstil, aus dem sich später die moderne Manga-Industrie entwickelte. Tezuka zeichnete 40 Jahre lang Manga und wurde vor allem mit seinen Serien "Astro Boy" und "Kimba, der weiße Löwe" weltberühmt. Zum Dank für seine Verdienste hat er von den japanischen Fans den Beinamen "Gott des Manga" verliehen bekommen.

Heutzutage hat Japan den größten Comic-Markt der Welt. Bei seiner Beschreibung kommt man um Superlative nicht herum: Allein im Jahr 2004 wurden sage und schreibe 1,4 Milliarden Manga gedruckt. Durchschnittliche Manga-Serien erscheinen in Japan mit einer Auflage von 300.000 bis 500.000 Exemplaren pro Band - Zahlen, bei denen man in vielen anderen Ländern Bücher bereits als Bestseller bezeichnen würde. Und bei einem Angebot von 250 bis 300 verschiedenen Manga-Magazinen, die wöchentlich, zweiwöchentlich oder monatlich erscheinen, fällt die Entscheidung nicht leicht. Manga gibt es für jedes Alter und jedes Thema, und als Fortsetzung einer Jahrhunderte alten Kunst sind sie ein fester Bestandteil der japanischen Kultur.

Quelle: wikipedia/mangaka.de